In Frankfurt ist eine große und bedeutende jüdische Gemeinschaft zu Hause. Ihre Anfänge gehen nachweisbar auf das 12. Jahrhundert zurück. Die Geschichte der Frankfurter Judengasse als Zwangswohnbezirk zeigt seit ihrer Einrichtung 1462 über 350 Jahre hinweg eine aktive jüdische Gemeinde. Sie brachte sich besonders nach der Öffnung des Ghettos und der bürgerlichen Gleichstellung 1864 ins Stadtgeschehen ein und hat Frankfurt seither entscheidend mitprägt. Diese jüdischen Beiträge sind manchmal religiös bedingt – lebten und lehrten doch in Frankfurt viele Rabbiner-Persönlichkeiten – oder gingen von berühmten Familien aus, die ihren Wirkungskreis durchaus auf die Stadt, ihre Entfaltung und ihr Wohl ausdehnten.
Titel des Rechnungsbuchs"Journale über Einnahmen und Ausgaben an Geld bey der Steuer-Section des Jüdischen Gemeindevorstands"
Digitalisierung an der Universitätsbibliothek Frankfurt
In Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Frankfurt wurde u.a. dieses Buch digitalisiert, um der Öffentlichkeit hebräische und deutsche Manuskripte aus der eigenen Handschriftensammlung online zugänglich zu machen.
Tausende Einträge über Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde.
Teilweise offenbart das Rechnungsbuch personengeschichtliche Hintergründe auch über prominente Mitglieder der Frankfurter Jüdischen Gemeinde der Neuzeit. Der damalige Buchhalter Aaron Herz Reinganum und sein Nachfolger notierten dabei Zahlungen von und an Rabbiner wie Zwi Hirsch Halevi Horowitz und Salomon Abraham Trier. Erwähnt werden ferner Mitglieder bekannter Familien wie beispielsweise Rothschild, Geiger, Posen, Speyer, Zunz und Oppenheim.
Auch Zahlen berichten von Menschen
Wenn in dem Rechnungsbuch der Name Rothschild immer wieder auf der Einnahmenseite erscheint, dann legt dies auch Zeugnis von der Großzügigkeit der Familie und ihrer starken Einbindung in die jüdische Gemeinschaft ab. Ebenso sind Spendernamen wie Schames und Oppenheim zu lesen. Hier wird die langjährige lokale Verwurzelung, die ihre später als Maler bekannt gewordenen Familienmitglieder haben, sichtbar.
Daneben werden zahlreiche Dayanim (Richter am Rabbinatsgericht), Kantoren, Chorleiter, Gemeindediener und andere Synagogenbeamten genannt. Auf der Gehaltsliste der Gemeinde standen ferner Bedienstete des Ritualbades, Schächter, Hebammen, Hospitalbedienstete, Bäcker für die Gemeindebacköfen und Totengräber. Zahlungen der Gemeinde erhielten auch Nichtjuden wie Polizeibeamte, Kaminfeger, Kanalreiniger und viele andere. Anhand des Rechnungsbuches kann man das ganze Spektrum von Angestellten der Gemeinde ablesen und erhält einen Einblick in ihre Organisationsstruktur.
Zerstörung des Gemeindearchivs im Nationalsozialismus
Das Archiv der Jüdischen Gemeinde ging durch die Verwüstung des Gemeindehauses während des Novemberpogroms 1938 und die Zerstörung des Stadtarchivs im März 1944 bis auf wenige Reste verloren. Daher ist diese Handschrift ein wichtiges Zeugnis zur Erforschung der Gemeindeorganisation zu Anfang des 19. Jahrhunderts.