Die Ausstellung, die bereits mit überwältigendem Erfolg in Paris und Amsterdam präsentiert wurde, zeichnet die spannende Geschichte des Comics als Medium jüdischer Erinnerung nach.
Auch in den bunten Bildern mit den Sprechblasen finden sich zahlreiche Bezüge zu jüdischen Themen: Superhelden und ihre jüdischen "Väter", witzige, skurrile und tragische Geschichten, jüdischer Alltag und die Schatten des Holocaust. Superman ist trotz seiner jüdischen Schöpfer kein jüdischer Held, und der Comic wurde auch nicht von jüdischen Zeichnern erfunden. Dennoch fällt auf, dass sich viele bedeutende Comickünstler auf jüdische Geschichte oder individuelle jüdische Biografien beziehen. Sie tragen so selbst wiederum zur Ausformung eines kollektiven jüdischen Gedächtnisses und Selbstbildes bei.
Gezeigt werden Werke von über 40 Comiczeichnern von Comicstrips aus Zeitungen des frühen 20. Jahrhunderts über Comic Books, die in den 1930er Jahren einen Boom erlebten, bis hin zu aktuellen Titeln und Projekten. Neben den Superman-Erfindern Joe Shuster und Jerry Siegel sind beispielsweise Altmeister des Comics wie Will Eisner und Joe Kubert vertreten, es werden aber auch Arbeiten zeitgenössischer Künstler wie etwa Art Spiegelman, Rutu Modan, Ben Katchor oder Joann Sfar ausgestellt.
Ein Überblick über die Entwicklung des Comics
Um die Wende zum 20. Jahrhundert entstand in den USA der Comicstrip, der zum festen Bestandteil vieler Zeitungen und Zeitschriften wurde. Die beliebten Funnies erschienen bald auch in Publikationen, die sich an ein jüdisches Publikum richteten, besonders in jiddischen Zeitungen, die bei den jüdischen Immigranten aus Osteuropa sehr populär waren.
Als Synthese aus Comicstrip und amerikanischem Groschenroman entstanden die Comic Books als eigenständiges Medium. Zahlreiche Superhelden, die daraufhin das Comic-Universum bevölkerten und bis heute zu den populärsten Comicfiguren zählen, entstammen den Federn jüdischer Zeichner: Superman, Batman, The Fantastic Four, Hulk, The Spirit und viele andere Superhelden verdanken ihre Existenz jüdischen Textern und Zeichnern.
Auch die Weiterentwicklung des Comics vom Produkt „trivialer“ Unterhaltung zum „ernsthaften“ Medium mit künstlerischem und literarischem Anspruch ist eng mit jüdischen Zeichnern verbunden. Will Eisner, der seit den 1930er Jahren in New York ein Comicstudio leitete, revolutionierte 1978 das Genre mit seiner ersten „Graphic Novel“ (also „gezeichneten Roman“) A Contract with God. In diesem und vielen anderen seiner oftmals autobiografisch gefärbten Bildromane schildert Eisner das jüdische Unterschichtenmilieu in den amerikanischen Vorstädten der 1930er Jahre.
Für die Generation der Nachkommen von Holocaustüberlebenden wurde der Comic schließlich zum Medium der Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte anhand der eigenen Familiengeschichte. Art Spiegelmans Maus (ab 1980 in Fortsetzungen erschienen) wurde international - und kontrovers – diskutiert. Ähnlich wie Spiegelman die Erinnerungen seines Vaters thematisiert, reflektieren auch andere Comiczeichner die Geschichte des Holocaust durch die individuellen Erlebnisse ihrer Eltern. Die Annährung der Holocaustthematik geschieht mit sehr unterschiedlichen Stilmitteln: von der an historische Fotografien angelehnten Bildsprache in Joe Kuberts Yossel (2003) bis hin zu skurril-surrealen Szenarien in Bernice Eisensteins Ich war ein Kind von Holocaustüberlebenden (2006, dt., 2007).
In den letzten Jahren finden aber auch verstärkt Themen aus der jüdischen Geschichte, die keinen Bezug zum Holocaust haben, Eingang in die Comics. In James Sturms preisgekröntem The Golem’s Mighty Swing (2001) erhält etwa ein jüdisches Baseball-Team der 1920er Jahre auf Betreiben eines Sportpromoters Verstärkung durch einem „Golem“. Seit den 1960er Jahren fanden jüdische Themen auch Eingang in die subversiven (und politisch höchst unkorrekten) Underground-Comics: in vielen Geschichten von Harvey Pekar, Robert Crumb und Aline Kominsky-Crumb spielen jüdische Helden und Antihelden eine zentrale Rolle.
In Europa und Israel gibt es ebenfalls zahlreiche Bezüge zu jüdischen Themen in Comics: vom italienischen Altmeister Hugo Pratt, der in seine Corto Maltese-Abenteuer immer wieder jüdische Motive einwob, bis hin zum französischen Comic-Star Joann Sfar, der mit seiner Katze des Rabbiners das Leben der sephardischen Juden in Nordafrika schildert. Für die Präsentation in Frankfurt wird die Ausstellung um einige Exponate ergänzt, die zeigen, wie sich in Deutschland Comics mit jüdischen Themen beschäftigen.
Selbstverständlich gibt es auch in Israel Comics: es gibt den israelischen Superhelden Sabraman (Sabra oder Sabre = im Land geborener jüdischer Israeli), es gibt aber auch eine Generation junger Zeichner die das Leben in Israel thematisieren. So wurde z. B. Blutspuren von Rutu Modan, ein Comic voller Suspense und scharfsichtiger Beobachtungen aus dem Alltagsleben, 2008 mit dem Eisner-Award als beste Graphic Novel des Jahres ausgezeichnet.
Die Ausstellung ist eine Koproduktion mit dem Musée d’art et d’histoire du Judaïsme, Paris und dem Joods Historisch Museum, Amsterdam.
Ausstellungsort:
Jüdisches Museum Frankfurt
Heute geschlossen
- Museumsticket (Dauerausstellung Jüdisches Museum+Museum Judengasse) regulär/ermäßigt12€ / 6€
- Kombiticket (Wechselausstellung + Museumsticket) regulär/ermäßigt14€ / 7€
- Wechselausstellung regulär/ermäßigt10€ / 5 €
- Familienkarte20€
- Frankfurt Pass/Kulturpass1€
- Am letzten Samstag des MonatsFrei
(ausgenommen Teilnehmer gebuchter Führungen)
- Eintritt nur Gebäude (Life Deli/Museumshop/Bibliothek)Frei
Freien Eintritt genießen:
Mitglieder des Fördervereins
Geburtstagskinder jeden Alters
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre
Studenten der Goethe-Uni / FH / HfMDK
Auszubildende aus Frankfurt
Geflüchtete
Inhaber von Museumsufer-Card oder Museumsufer-Ticket
Inhaber der hessischen Ehrenamts-Card
Mitglieder von ICOM oder Museumsbund
Ermäßigung genießen:
Studenten / Auszubildende (ab 18 Jahren)
Menschen mit Behinderung ab 50 % GdB (1 Begleitperson frei)
Wehr- oder Zivildienstleistende / Arbeitslose
Inhaber der Frankfurt Card
Bertha-Pappenheim-Platz 1, 60311 Frankfurt am Main