Der Kern der Sammlung
Die Sammlung umfasst 90 Zeremonialobjekte, die sich einst im Museum Jüdischer Altertümer befanden. Sie stammen zumeist aus der Frankfurter Judengasse des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts, der Blütezeit jüdischen Kultgeräts in Frankfurt. Das Museum jüdischer Altertümer ging aus der Sammlung der „Gesellschaft zur Erforschung jüdischer Kunstdenkmäler“ hervor, die der Frankfurter Mäzen Charles Hallgarten 1887 gegründet hatte. Es wurde 1922 als eines der ersten Jüdischen Museen des Deutschen Reichs eröffnet und stellt die ideelle Vorgängereinrichtung des heutigen Jüdischen Museums Frankfurt dar. Das Museum jüdischer Altertümer beherbergte eine umfangreiche Sammlung verschiedenster Provenienz und präsentierte vorwiegend jüdische Kultgegenstände.
Ein Großteil seiner Sammlung wurde im Novemberpogrom 1938 zerstört. Knapp 1.000 Objekte verleibte sich das Historische Museum Frankfurt ein. Einige Zeremonialgegenstände kamen in den örtlichen Kunsthandel. Im Jahr 1987 beschloss der Magistrat der Stadt Frankfurt, die im Historischen Museum verbliebenen Kultgegenstände aus dem Museum jüdischer Altertümer dem neu gegründeten Jüdischen Museum zu übergeben. Sie bilden den Kern der heutigen Judaica-Sammlung.
Bedeutende Kultgegenstände
Einzigartig ist auch die Sammlung von Judaica aus dem frühen 20. Jahrhundert, die dem Museum als Leihgaben der Jüdischen Gemeinde Frankfurt anvertraut wurden. Sie stammen zumeist von den bedeutenden jüdischen Silberwarenherstellern Fa. Lazarus Posen Wwe. und den Brüdern Felix und Leo Horovitz. Sie waren über Frankfurt hinaus bekannt für besonders aufwendig und sorgfältig gearbeitetes Kultgerät. Es handelt sich überwiegend um Synagogenschmuck aus den Frankfurter Synagogen am Börneplatz und an der Friedberger Anlage.
Darüber hinaus umfasst die Sammlung rund 70 europaweit gefertigte Chanukka-Leuchter, die der Kaufmann Sigmund Nauheim (1874 − 1935) dem Museum Jüdischer Altertümer (1922 − 1938) vermacht hatte und die während der NS-Zeit nicht zerstört wurden. Durch Stiftungen von privaten Sammlern wie etwa Ignatz Bubis kamen weitere Objekte aus Zentral- und Osteuropa hinzu, die im 19. Jahrhundert gefertigt wurden.
Eine Sammlung als Spiegel der Geschichte
Die Vielfalt unserer Judaica-Sammlung beschreibt der Katalog „Pracht der Gebote“, der 2006 im Wienand Verlag erschienen ist. Er widmet sich auch den Zeremonialgegenständen, die von Überlebenden in das Exil gerettet oder nach dem Zweiten Weltkrieg gesammelt und erworben wurden. Diese Objekte aus den unterschiedlichsten Regionen Europas spiegeln die kulturelle Vielfalt des jüdischen Kults sowie die prachtvolle deutsch-jüdische Kultur vor der systematischen Vernichtung durch die Nationalsozialisten wider.
Ein Großteil der Objekte weist Spuren dieses Zivilisationsbruchs auf. Ihre Provenienz weist auf den systematischen Raub und die Enteignung jüdischer Kulturgegenstände in den Jahren 1933 − 45 hin. Um diesen Spuren systematisch nachzugehen, unternimmt das Museum mit Unterstützung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste systematische Provienzforschungen an seiner Judaica-Sammlung.
Sammlungsperspektiven
Das Jüdische Museum baut seine Sammlung an Zeremonialgegenständen aus der Zeit vor der Schoa nicht weiter aus. Stattdessen hat es den Fokus seiner Sammlungstätigkeit nun auf Judaica von zeitgenössischen Künstler*innen verlegt. Ein Beispiel für diesen neuen Sammlungsschwerpunkt bildet das Jahrzeit-Licht (Memorial Light) des Künstlers Tobi Kahn (geb. 1958), der aus einer Frankfurter Familie stammt und heute in New York City lebt und arbeitet. Wie die meisten Ankäufe des Jüdischen Museums so wurde auch dieser Erwerb durch die Gesellschaft Freunde und Förderer des Jüdischen Museums ermöglicht.