Nach dem Richtfest am 7. März gewährt das Museum im Herbst fünf Tage lang Zu-gang zu seinem Neubau; zudem präsentiert es sich in einem neuen Corporate Design. Auch die digita-le Erweiterung schreitet voran: Highlights der Sammlungen werden künftig auf der Plattform von Google Arts & Culture zu finden sein, und eine in Kooperation mit dem Historischen Museum entwi-ckelte App führt Touristen sowie Schülerinnen und Schüler zu „Unsichtbaren Orten“ der Migration im Frankfurter Stadtraum.
30 Jahre – 30 Geschichten
Das Jüdische Museum Frankfurt konnte im vergangenen Jahr seine Besucherzahl erneut steigern. Et-wa 30.000 Menschen besuchten die Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle, das Museum Judengas-se oder das Pop Up Monument am Willy Brandt Platz. Die Zahl 30 bildet auch das Motto einer eigens für das Jubiläumsjahr entworfenen Kampagne: Diese wird anhand ausgewählter Gegenstände 30 Ge-schichten aus der 30-jährigen Geschichte präsentieren. Die Kampagne findet in erster Linie auf Social Media statt. Sie endet mit einer LernNacht zum 9. November, dem 30. Jahrestag der Eröffnung, die sich den vergangenen 30 Jahren jüdischer Museologie in Europa widmen wird.
Im Jubiläumsjahr präsentiert das Jüdische Museum mit „Jakob Nussbaum. Frankfurter Impressionist“ seine erste Ausstellung seit der Schließung des Rothschildpalais. Jakob Nussbaum (1873-1936) war der bedeutendste jüdische Künstler der Stadt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum von Nussbaums Schaffen steht das Motiv der Landschaft. Diesem Motiv wird die Ausstellung sowohl in seinen gemalten Stadtansichten als auch in seinen Reisebildern nachgehen. Dabei werden erstmals zwei Gemälde öffentlich gezeigt, die dank der großzügigen Spenden zahlreicher Bürgerinnen und Bürger aus Frankfurt und der Region für das Jüdische Museum erworben werden konnten. Die Aus-stellung ist vom 18. März bis 2. Dezember 2018 im Freilichtmuseum Hessenpark Neu-Anspach zu sehen.
Provenienzforschung
Vom 16. Mai bis 14. Oktober 2018 präsentiert das Jüdische Museum unter dem Titel „Geraubt, Zer-stört, Vertreut: Zur Geschichte von jüdischen Dingen in Frankfurt“ die Ergebnisse seiner Provenienz-forschung im Museum Judengasse. Es handelt sich um eine vermittlungsorientierte Kabinettpräsenta-tion, die anhand einzelner Objekte sowohl die Geschichte des Museums Jüdischer Altertümer, dem ideellen Vorgänger des heutigen Jüdischen Museums Frankfurt, als auch die Plünderungen jüdischen Kulturguts in der Frühen Neuzeit thematisiert. Die Präsentation wird in Kooperation mit dem Histori-schen Museum Frankfurt entwickelt, das im gleichen Zeitraum die Ausstellung „Gesammelt, Gekauft, Geraubt? Vom Weg der Dinge ins Museum“ zeigt. Sie stellt einen ersten Schritt auf dem Weg zur In-tensivierung der Provenienzforschung am Jüdischen Museum Frankfurt dar. Ab Mitte Februar wird zu diesem Zweck mit Mitteln der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste eine Stelle eingerich-tet, welche die Provenienz eines Teils der wertvollen Judaica-Sammlung erforschen soll.
Open House
Nach den erfolgreichen temporären Auftritten im öffentlichen Raum, dem Pop Up Boat (2016) und Pop Up Monument (2017), präsentiert sich das neue Jüdische Museum in diesem Jahr fünf Tage als Open House. Vom 16. bis 21. Oktober 2018 sind weite Teile des Neubaus sowie die historischen Roth-schildräume öffentlich zugänglich. Eine zeitgenössische Kunstausstellung und ein breites Vermitt-lungs- und Kulturprogramm werden die Open House-Tage begleiten. Im Zentrum des Kunstpro-gramms steht die Skulptur „Untitled“ von Ariel Schlesinger, die der Öffentlichkeit übergeben wird. Die Skulptur im künftigen Lichthof des Museums zwischen Rothschildpalais und Neubau besteht aus zwei ineinander verwobenen Baumskeletten. In den historischen Räumen des Rothschildpalais wer-den neben einer Arbeit des israelischen Künstlers Nir Alon auch Skulpturen von Ilana Salama Ortar und Videoinstallationen von Dana Levy zu sehen sein.
Die Open House Tage bilden den Abschluss von Volker Reiches Bauzaun-Comic „Manu und Saul“, der das Entstehen des neuen Jüdischen Museums über zwei Jahre hinweg kommentiert und illustriert. Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Fertigstellung des neuen Museums wird das Richtfest am 7. März sein.
Digitale Ausstellungen
Nachdem das Museum in den vergangenen Jahren systematisch seine digitale Kommunikation ausge-baut und neue Social Media-Plattformen und –Kanäle (Instagram, Twitter, Youtube) eröffnet hat, steht nun die digitale Vermittlung im Vordergrund. Bereits im vergangenen Jahr wurde eine Online-Ausstellung über Ludwig Meidner auf dem Portal „Künste im Exil“ der Deutschen Nationalbibliothek gelauncht, die sich an ein wissenschaftliches Publikum richtet. Seit heute wird sie von drei weiteren Online-Ausstellungen zu Highlights aus den Sammlungen des Jüdischen Museums begleitet, die auf der Plattform von Google Arts & Culture präsentiert werden. Google Arts & Culture arbeitet seit 2011 mit mehr als 1.500 bedeutenden kulturellen Organisationen aus über 70 Ländern zusammen. Das Jü-dische Museum Frankfurt präsentiert auf dieser Plattform eine Einführung in das Leben und Werk von Ludwig Meidner, in deren Mittelpunkt künstlerische Werke stehen, die jüdische Religiosität the-matisieren oder die Verfolgung durch die Nationalsozialisten reflektieren. Diesen beiden Online-Ausstellungen werden von der Publikation „Ludwig Meidner: Expressionismus, Ekstase, Exil / Expressionism, Ecstasy, Exile“ begleitet, die im Mai in deutscher und englischer Sprache im Berliner Gebr. Mann Verlag erscheinen wird und 14 Aufsätze mit neuen Forschungsergebnissen zum Künstler und der Rezeption seiner Werke umfasst.
Zwei weitere Online-Ausstellungen bei Google Arts & Culture geben einen Einblick in das Museum Judengasse und einen Überblick über die Geschichte der Familie Frank. Die in Kooperation mit dem Anne Frank Fonds entwickelte Präsentation stellt die Geschichte der aus der Frankfurter Judengasse stammenden Familie von Anne Frank über mehrere Generationen hinweg dar. Ein besonderes Au-genmerk gilt dabei dem Verhältnis zur jüdischen Tradition, dem Ersten Weltkrieg, der innerfamiliä-ren Kommunikation und der Migration der Familie nach Basel, Amsterdam und Paris. Die Online-Ausstellung ist Bestandteil des Familie Frank Zentrums, das 2012 gegründet wurde.
Digitale Vermittlung
„Unsichtbare Orte“ heißt ein neues digitales Vermittlungsprogramm des Jüdischen Museums Frank-furt, das in Kooperation mit dem Historischen Museum Frankfurt entwickelt wurde und sich an Schü-lerinnen und Schüler der Mittelstufe sowie Touristen wendet. Die App basiert auf einem topografi-schen Zugang zu „Frankfurt – (als) Stadt der Vielfalt“. Sie verschränkt jüdische Zeitgeschichte mit den Migrationsgeschichten anderer Communities und macht sie im Stadtraum erfahrbar. Den Ausgangs-punkt bildet dabei eine navigierbare Karte, die zugleich auch die Nutzer lokalisiert und sie zu den verschiedenen Orten führt. Die App präsentiert persönliche Geschichten ebenso wie Ortsgeschichten in Form von Texten, Bildern und Audios. Sie stellt eine Art virtuelles Denkmal für die temporären Geschichten von Migrantinnen und Migranten in Frankfurt dar.
Die App „Unsichtbare Orte“ wurde von der Aventis Foundation experimente#digital, dem Kooperati-onsfonds des Kulturamts der Stadt Frankfurt, der Ursula Ströher Stiftung und museOn gefördert.