Das neue "Shoah Memorial Frankfurt" umfasst mehr als 12.000 Namen, Lebensdaten und Kurzbiografien von jüdischen Frauen, Männern und Kindern, die in Frankfurt lebten und während der nationalsozialistischen Herrschaft gewaltsam zu Tode kamen. Mussten Nachkommen und Verwandte, Historikerinnen und Historiker oder Schülerinnen und Schüler bislang Kontakt mit dem Jüdischen Museum aufnehmen, um Näheres über die Ermordeten zu erfahren, können sie fortan selbst recherchieren. Die neue Website ist seit heute online. Sie erinnert an die Schicksale der Ermordeten und entwirft für sie einen Friedhof im digitalen Raum, der in seiner Gestalt auf die Gedenkstätte Neuer Börneplatz Bezug nimmt und die jüdische Tradition fortschreibt, einen Stein auf den Gräbern der Toten zu hinterlassen.
Frankfurt und der Nationalsozialismus - eine Gedächtnisplattform
Das „Shoah Memorial Frankfurt“ ist eines von drei digitalen Projekten, die in Kooperation mit dem Institut für Stadtgeschichte und dem Historischen Museums Frankfurt im Rahmen der bundesweiten „Bildungsagenda NS-Unrecht“ mit einer Drittmittelfinanzierung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft umgesetzt wurden. Es wird in Zukunft auch auf der in diesem Rahmen entwickelten Website „Frankfurt und der Nationalsozialismus - eine Gedächtnisplattform“ zu finden sein. Ein weiteres digitales Projekt ist die vom Historischen Museum entwickelte „Frankfurt History App“, die Touren durch den Stadtraum zu Orten der nationalsozialistischen Gewalt anbietet und in allen App-Stores zu finden ist.
Alle drei digitalen Projekte werden im Rahmen der diesjährigen Lernnacht zum Novemberpogrom am 10. November 2022 ab 19 Uhr im Jüdischen Museum vorgestellt. In zwei Podiumsgesprächen, unter anderem mit Dr. Andrea Despot, Vorstandsvorsitzende der Stiftung EVZ, und Dr. Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives, steht an dem Abend die Frage im Zentrum, wie Erinnerung im digitalen Raum gestaltet werden kann und soll. Der Livestream zur Veranstaltung ist auf dem YouTube-Kanal des Jüdischen Museums zu finden.
Shoah Memorial Frankfurt
Das „Shoah Memorial Frankfurt“ basiert auf einem Forschungsprojekt zu den Biografien der Ermordeten, welches das Jüdische Museum Frankfurt in den Jahren 1996 bis 2005 durchgeführt hat. Die Ergebnisse dieser Forschungen wurden in einer nicht-öffentlich zugänglichen Datenbank festgehalten und für den Launch des Shoah Memorials anhand neuerer Quellen noch einmal überprüft und ergänzt. Diese Überprüfung wird nach dem Launch des Memorials fortgesetzt und soll Ende 2023 abgeschlossen sein. Die Userinnen und User sind ausdrücklich aufgefordert, sich an dem Ausbau der Biografien mit zusätzlichen Informationen und Bildern zu beteiligen und so die Erinnerung an die Ermordeten zu stärken.
1930 lebten in Frankfurt etwa 30.000 Menschen, die Mitglieder der beiden großen jüdischen Gemeinden waren. Nur etwa 600 jüdische Frauen, Männer und Kinder aus Frankfurt überlebten die nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager. Die letzte Deportation war zum 15. März 1945 anberaumt worden. Elf Tage später erreichten US-amerikanische Truppen die Stadt. Sie befreiten weniger als 200 Jüdinnen und Juden, die versteckt in Frankfurt überlebt hatten.
Gedenkstätte Neuer Börneplatz
Die Gedenkstätte Neuer Börneplatz existiert seit 1996. Das zentrale Element bildet ein Fries auf der äußeren Friedhofsmauer mit 11.908 Blöcken, die an die ermordeten Frankfurter jüdischen Frauen, Männer und Kinder erinnern. Es sind jeweils Name, Geburtsdatum sowie, wenn bekannt, Todesjahr und -ort notiert. Die Gedenkstätte grenzt unmittelbar an das Museum Judengasse, den zweiten Standort des Jüdischen Museums Frankfurt.
Pressebilder
Abb. 1: Das Shoah Memorial Frankfurt versammelt mehr als 12.000 Biografien von Jüdinnen und Juden, die in Frankfurt gelebt, in den Jahren 1933 und 1945 entrechtet, verfolgt, deportiert und ermordet oder in den Freitod getrieben wurden. (Download JPG)
Abb. 2: Die Daten der Gedenkstätte Neuer Börneplatz bilden die Basis für das neue Shoah Memorial; Besucherinnen und Besucher legen hier Steinchen ab; dies schreibt die jüdische Tradition fort, einen Stein auf den Gräbern der Toten zu hinterlassen. So auch auf dem Gedenkstein für die sicherlich weltweit bekannteste ehemalige Frankfurterin: Anne Frank. (Download JPG)
Abb. 3: Die sicherlich weltweit bekannteste ehemalige Frankfurterin ist Anne Frank. Im Gegensatz zum Gedenkstein ist im Shoah Memorial Frankfurt kein Todesdatum notiert, da dieses nicht mit hundertprozentiger Sicherheit belegt ist. (Download JPG)