1938 gilt als ein Schicksalsjahr in der jüdischen Geschichte. Mit dem „Anschluss“ Österreichs im März und der Besetzung des Sudetenlandes durch deutsche Truppen im Oktober gerieten diese Länder unter die nationalsozialistische antisemitische Herrschaft. Die Pogrome im November 1938 trafen ganz unmittelbar fast alle in Deutschland und Österreich lebenden Juden und Jüdinnen. Was ihnen an Brutalität widerfuhr, geschah in aller Öffentlichkeit. Es beteiligten sich so viele Menschen daran, dass die deutsche Gesellschaft von nun an eine andere war.
Die Autorinnen und Autoren des Begleitbandes zur gleichnamigen Ausstellung untersuchen einen bislang wenig beachteten Aspekt dieser Entwicklung, dessen Folgen über das Jahr 1945 hinausreichten: den Kunstbetrieb. Was 1938 geschah, schlug sich in den Lebensläufen von Künstlern, Sammlern, Händlern, Kritikern und Museumsmitarbeitern nieder. Wer von den Gewalttaten profitierte, lässt sich im Kunstsystem besonders deutlich aufzeigen.
Die Beiträge versuchen die gängige Vorstellung zu korrigieren, im Zentrum nationalsozialistischer Kunstpolitik hätte allein die Verfolgung der Avantgarde gestanden. Ihr Ziel war vielmehr, restlos zu kontrollieren, wer am Kunstgeschehen teilnahm. Darüber entschieden vor allem rassepolitische Kriterien. Die vollständige „Arisierung“ des Kunstbetriebs wurde 1938 durchgesetzt – mit Folgen bis weit in die Nachkriegszeit hinein.
337 S.
Hrsg. von Eva Atlan, Raphael Gross, Julia Voss
Göttingen: Wallstein Verlag
2013
ISBN: 978-3-8353-1412-2
Preis: 24,90 € (nur im Buchhandel erhältlich)