Ausschnitt aus der Zeichnung "Indiannerin" von Else Lasker-Schüler (ca. 1930), Jüdisches Museum Frankfurt.

2010: Else Lasker-Schüler

Die Bilder

Else Lasker-Schüler ist den allermeisten als Dichterin bekannt. Dass sie aber auch zeichnete, wissen viele hingegen nicht. 2010 zeigten wir eine Ausstellung mit Bildern der Künstlerin. Für unsere Reihe zu 30 Jahren Jüdisches Museum blickt unsere Sammlungsleiterin, Dr. Eva Atlan, zurück.

Die Aufgabe

Zusammen mit der Literaturwissenschaftlerin Dr. Ricarda Dick habe ich diese aufwendige Ausstellung kuratiert. Vorausgegangen war eine umfangreiche Forschungsarbeit. Die Ergebnisse wurden in einem wissenschaftlichen Ausstellungskatalog herausgegeben. Else Lasker-Schüler ist zwar als Lyrikerin auch nach 1945 in den Kanon der deutschen Dichtung aufgenommen worden. Ihr bildnerisches Werk hingegen war bis zu diesem Zeitpunkt weitestgehend von der Kunstgeschichte vernachlässigt worden und dem großen Publikum nicht bekannt. Und das obwohl sie in den 1920er Jahren in der wohl bekanntesten Galerie für zeitgenössische Kunst, bei Paul Cassirer in Berlin, ausstellte. Da sich ein Großteil der Werke in privatem Besitz befindet, mussten wir für die Ausstellung international auf die Suche gehen und haben hierzu auch Aufrufe in Tageszeitungen in Deutschland, der Schweiz sowie in israelischen Medien veröffentlicht.

Die Herausforderung

Indianerinnen um 1928 Kreiden, Tusche, Bleistift auf dünnem elfenbeinfarbenem Papier 21,8x13,5 cm Jüdisches Museum Frankfurt
Indianerinnen um 1928 Kreiden, Tusche, Bleistift auf dünnem elfenbeinfarbenem Papier 21,8x13,5 cm Jüdisches Museum Frankfurt

Wir wählten rund 150 Zeichnungen und Collagen von über 50 Leihgebern für die Ausstellung aus. Dies bedeutete eine aufwendiges Leihverfahren und für die Bildredaktion des Kataloges ein hohes Maß an Organisationsgeschick und Sensibilität. Fotografen vor Ort in Jerusalem, Zürich oder London mussten ausfindig gemacht werden, damit sie die Werke bei den Leihgebern fotografieren konnten.

Blick in die Ausstellung "Else Lasker-Schüler. Die Bilder" im Jüdischen Museum Frankfurt
Blick in die Ausstellung "Else Lasker-Schüler. Die Bilder"

Aber die größte Herausforderung war es, ein angemessenes Gestaltungskonzept für die Ausstellung der meist kleinen, fragilen Werke zu finden. Denn Else Lasker-Schüler verwendete oft Transparentpapier, auf das sie ihre Figuren mit den Resten von Bonbonverpackungen oder Pralinen einsetzte. Die Ausstellungsarchitekten entwickelten ein Gestaltungskonzept, mit dem ich mich zunächst schwer anfreunden konnte und das sich auch als sehr kompliziert in der Umsetzung erwies. Denn meterlange Stoffbahnen mussten vor Ort zurechtgeschnitten, angepasst und angebracht werden. Das Resultat war ein Raum mit anthrazitfarbenen Vorhangstoff, der in Falten an den Wänden hing. Eine Tageszeitung schrieb nach der Eröffnung: „Um die leuchtenden Töne dieser Bilderwelt hervortreten zu lassen, umfängt einen hier die Atmosphäre von Kunstkabinetten aus einer fernen Vergangenheit“.

Das Besondere an der Ausstellung

Prinz Jussuf von Theben um 1928 Pastell- und Ölkreiden, teils laviert, Tusche, mit farbigen und goldenen Metallfolien collagiert, auf Papier 26,7 x 21,6 cm Jüdisches Museum Frankfurt
Prinz Jussuf von Theben um 1928 Pastell- und Ölkreiden, teils laviert, Tusche, mit farbigen und goldenen Metallfolien collagiert, auf Papier 26,7 x 21,6 cm Jüdisches Museum Frankfurt

Die Künstlerin Else Lasker-Schüler ist eine herausgehende Persönlichkeit, die in den 1920er Jahren ein ganz besonderes bildnerisches expressionistisches Werk geschaffen hat. Ihr Stil ist geprägt von Reduktion und der Profildarstellung von Personen. Diese entspringen ihrer privaten Mythologie und Fantasie. Im Zentrum steht dabei immer wieder die Figur des Jussuf, ein zweites Ich der Künstlerin. Die Figur selbst ist eine Mischung aus der Josefsfigur aus der jüdischen Überlieferung, der altägyptischen und islamischen Religion. Besonders glücklich bin ich darüber, dass wir im Vorfeld der Ausstellung fünf Blätter aus Privatbesitz erwerben konnten, die bislang der Forschung unbekannt waren und erstmalig in dieser Ausstellung gezeigt werden konnten.

Wichtig war es uns auch, Bezüge zu anderen Künstlerin wie Franz Marc und Ernst Ludwig Kirchner herzustellen. Später war die Ausstellung im Hamburger Bahnhof Museum für Gegenwartskunst, Berlin, zu sehen. Damit wurde Else Lakser-Schüler in einem künstlerischen Zusammenhang gebracht, der bisher oft gefehlt hatte, wenn es um ihre Bilder ging.

Sammlungsleiterin des Jüdischen Museums Frankfurt, Dr. Eva Atlan (links), und Ricarda Dick in der Ausstellung "Else Lasker-Schüler. Die Bilder"
Unsere Sammlungsleiterin Dr. Eva Atlan (links) und Ricarda Dick in der Ausstellung "Else Lasker-Schüler. Die Bilder"

Auch konnten wir dank Leihgaben neben der Vorzugsausgabe des großen Theben-Bandes, den Alfred Flechtheim in seinem Querschnittsverlag veröffentlichte, auch alle originalen Vorzeichnungen präsentieren. Und wir haben Bezüge zu anderen Künstlern hergestellt in dem wir Zeichnungen von Ernst Ludwig Kirchner und Franz Marc zeigten. Ganz besonders stolz bin ich über einen Artikel des Kunsthistorikers und Journalisten Stefan Koldehoff, der unter anderem zur Ausstellung schrieb: „Ricarda Dick und Eva Atlan ist Großes gelungen – logistisch wie kunsthistorisch. Sie bringen eine Zeichnerin ins kollektive Kulturgedächnis zurück und breiten in den nicht einfach zu bespielenden Räumen des Jüdischen Museums ihre fantastische Bilderwelt aus.“ Die Ausstellung wurde anschließend im Hamburger Bahnhof Museum für Gegenwartskunst, Berlin, gezeigt. Damit wurde Else Lakser-Schüler in einem künstlerischen Zusammenhang gebracht, der bisher oft gefehlt hatte, wenn es um ihre Bilder ging.