Bekannt wurde der 1980 in Jerusalem geborene und derzeit in Berlin und Manchester (England) lebende Künstler durch seine minimalen, stets äußerst präzisen Eingriffe in Alltagsgegenstände. Diesen entzieht er zunächst ihre ursprüngliche Funktion und ermöglicht durch seinen radikalen künstlerischen Eingriff neue Sicht- und Erfahrungsweisen. Das Vertraute wirkt plötzlich überraschend anders.
Eine Skulptur, viele Deutungen
Für den Vorplatz des neuen Jüdischen Museums entwickelte Ariel Schlesinger im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs eine Skulptur. Sie besteht aus zwei in Aluminium gegossenen Bäumen, von denen einer im Boden verpflanzt ist. Der andere scheint sich kopfüber an den Ästen des unteren zu halten und streckt seine Wurzeln gegen den Himmel. Die Idee, einen Baum zweifach, gleich einer Spiegelung seiner Selbst, zu einem Wahrzeichen des Jüdischen Museums Frankfurt zu machen, zieht ihre Inspiration aus der Geschichte der Frankfurter Juden: dem Gefühl gleichzeitiger Verbundenheit und Entwurzelung. Zugleich geht sie auf verschiedene jüdische Quellen zurück, wie etwa den kabbalistischen Lebensbaum, der die göttliche Schöpfung widerspiegelt. Auch die hebräische Bibel, das Buch Hezekiel, diente Ariel Schlesinger als Bezugspunkt. Dort wird die besondere Verbindung von Gott zum Volk Israel mit der Metaphorik des Baums beschrieben: "Und alle Bäume des Feldes werden erkennen, dass ich, der HERR, den hohen Baum erniedrige, den niedrigen Baum erhöhe, dass ich den grünen Baum vertrocknen lasse und den dürren Baum zum Blühen bringe." (Hezekiel 17:24)
Die Skulptur von Ariel Schlesinger stellt mit der Symbolik der beiden Bäume eine Verbindung von Gegensätzlichem, von Beständigem und Vergänglichem her. Sein Kunstwerk hat einerseits einen konzeptionellen Charakter, da er bei dem Produktionsprozess – von der Auswahl des Baumes bis hin zur Abnahme der Form – darauf achten musste, den realen Baum, einen Fikus, unbeschädigt zu lassen. Die konkrete Realisierung, der Aluminiumguss, macht das Werk jedoch zu einer traditionellen Skulptur.
Der Künstler selbst hält sich mit weiteren Erklärungen über sein Werk zurück und hat diesem bewusst den Titel "Untitled" gegeben. Die Skulptur lädt zur Interpretation ein und entfaltet dabei eine gewisse Poetik.
Enthüllung
Am 18. September 2019 wurde die Skulptur im Rahmen eines Spätsommerfests enthüllt. Weitere Informationen zu diesem Event finden Sie hier.
Die Wettbewerbsjury
Vorsitz:
Andreas von Schoeler, Oberbürgermeister a.D., Vorstand der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums Frankfurt
Prof. Dr. Mirjam Wenzel, Direktorin, Jüdisches Museum Frankfurt
Dr. Ina Hartwig, Kulturdezernentin Stadt Frankfurt am Main
Dr. Eva Atlan, Sammlungsleiterin und Kuratorin für Kunst und Judaica, Jüdisches Museum Frankfurt
Erik Riedel, Kurator, Ludwig-Meidner-Archiv, Jüdisches Museum Frankfurt
Dr. Jessica Beebone, Kunst im öffentlichen Raum, Kulturamt Frankfurt am Main
Dr. Emily Bilski, Freie Kuratorin, Jerusalem
Dr. Susanne Gaensheimer, Direktorin Kunstsammlung Nordrhein-Westphalen
Beratende Jury:
Michael Hootz, Stadtplanungsamt
Per Pedersen, Staab Architekten GmbH
Dr. Oliver Strank, Stadtverordneter
Dagmar Stefan, MuseumsBausteine Frankfurt GmbH
Dank
"Untitled" wurde mit großzügiger Unterstützung der Familie Rothschild und von Prof. Dr. Klaus Mangold realisiert. Der internationale Kunstwettbewerb, in dessen Rahmen der Entwurf zur Skulptur von Ariel Schlesinger entwickelt wurde, konnte aufgrund des Engagements der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums Frankfurt durchgeführt werden.