Ein prächtig geschmückter roter Tora-Vorhang aus Frankfurt von 1866 (Detailansicht)

Der Jerusalemer Tempel

Und seine Bedeutung im Judentum

Der Erste und der Zweite Tempel standen auf dem Tempelberg in Jerusalem. Der jüdischen Tradition zufolge wird auch der Dritte Tempel dort errichtet werden, wenn der Messias kommt. Dann soll ein friedliches Zeitalter beginnen. Anhand dieses Tora-Vorhanges aus unserer Dauerausstellung erfahrt Ihr mehr über die Bedeutung des Tempels.

In der jüdischen Tradition bilden Sehnsucht und Hoffnung ein zentrales Motiv. Ein besonderer Sehnsuchtsort ist Jerusalem, denn hier befindet sich die Klagemauer oder Westmauer. Diese Mauer an der Westseite des Tempelplateaus ist ein heiliger Ort, denn sie ist ein Überrest des Zweiten Tempels. Synagogen und deren Ausstattung erinnern an den Tempel, der Tora-Schrein ist in Richtung Jerusalem ausgerichtet und auch das individuelle Gebet wird in Richtung Jerusalem gesprochen. Heute befinden sich auf dem Tempelplateau heilige Stätten des Islams: die Al-Aqsa-Moschee und der Felsendom.

Tempel und Synagoge

Ein prächtig geschmückter roter Tora-Vorhang aus Frankfurt von 1866
Tora-Vorhang aus Frankfurt, 1866, rostroter Samt mit Metallfädenstickerei in Sprengtechnik, applizierten Pailletten und Brokatstoff, Metallfransen aus gedrehtem Silberdraht, versilbert, Leihgabe der Jüdischen Gemeinde Frankfurt K.d.ö.R.

Der Tora-Vorhang, der in der Synagoge die Tora schützt, ist oft mit Bildern von Säulen oder von einem Altar bestickt. Auch das erinnert an den Tempel, der in der Antike in Jerusalem stand, bis er zum zweiten Mal zerstört wurde – zuletzt im Jahre 70 n. d. Z. von den Römern. Der erste Jerusalemer Tempel wurde von König Salomon erbaut. Nach der Eroberung Jerusalems durch die Babylonier zerstörten sie den Salomonischen Tempel. Nach dem Babylonischen Exil begann der Wiederaufbau des (Zweiten) Tempels.

Heute stellt die Tora das Heiligste im Judentum dar. Das war nicht immer so: der Tempel in Jerusalem war noch heiliger, da er der Tora zufolge die Wohnung Gottes auf Erden war. Bis zu seiner Zerstörung war er das rituelle Zentrum des Judentums. Hier verrichteten die Priester den Tempeldienst und brachten Opfer dar. Mit der zweiten Zerstörung wurden die bis dahin mündlich weitergegebenen Gebote nach und nach schriftlich festgehalten. Die rituellen Handlungen im Tempel wurden nun durch die Weiterentwicklung und Auslegungen der Tora im Talmud festgehalten. Das Studium der Tora und des Talmuds lösten den Tempeldienst und die Tempelwallfahrt ab und steht bis heute im Zentrum eines religiösen jüdischen Lebens.

Erinnerung an den Tempel

In der Antike war die Synagoge lediglich ein Ort der Versammlung, der aber mit der Zerstörung des Tempels als Ort des Ritus an Bedeutung gewann. Das Zentrum jeder Synagoge bildet der Schrein, in dem die Tora aufbewahrt und durch einen Vorhang geschützt wird. In der jüdischen Zeremonialkultur ist die Erinnerung an den Tempel nach wie vor gegenwärtig: So wird bspw. im fröhlichsten Moment einer Hochzeit ein Glas zertreten, da kein Glück vollkommen ist – so der grundlegende Gedanke – solange der Tempel zerstört ist. Doch nicht nur die Erinnerung an die Zerstörung ist präsent, sondern auch die einstigen Riten: In Synagogen findet sich etwa ein Waschgeschirr, dessen Gebrauch auf eine rituelle Waschung im Tempel zurückgeht. Als der Tempel noch stand, wurde am Tag nach Pessach ein Gerstenopfer dargebracht. Von diesem Tag an wurden dann bis zum Wochenfest Schawuot 49 Tage gezählt. Zwar wird heute nicht mehr geopfert, aber die Zählung wird noch immer durchgeführt. Auch sie dient dazu, an den einstigen Tempel zu erinnern.

Zahlreiche Tempelmotive sind auch in diesem Tora-Vorhang zu finden, den Ihr in unserer Dauerausstellung gesehen habt. Tora-Schmuck und Tora-Vorhang weisen meist Motive auf, die an den Tempel in Jerusalem erinnern. Diese könnt Ihr anhand von Detailbildern unseres ausgestellten Tora-Vorhanges hier entdecken.