Das Frankfurter Ostend
Das Frankfurter „Ostend“ entwickelte sich östlich der Wallanlagen auf Garten- und Feldgelände. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstand hier ein Wohngebiet für Angehörige der Mittelschicht, die von Handel, Kleingewerbe und Handwerk lebten.
Nach der Öffnung des Frankfurter Ghettos um 1800 war ein Großteil der jüdischen Bevölkerung bevorzugt in das Ostend gezogen. Viele Familien blieben in räumlicher Nähe zu bestehenden religiösen und sozialen Einrichtungen, koscheren Geschäften und der jüdischen Nachbarschaft. Ab 1850 entstanden auch neue Bauten der Jüdischen Gemeinde und der neu gegründeten IRG. Um 1895 war rund ein Viertel der Ostend-Bewohner jüdisch.
Unter nationalsozialistischer Herrschaft wurde jüdisches Leben systematisch zerstört. Ab 1938 zwang die Stadtverwaltung in Frankfurt verbliebene oder zugezogene Juden zwangsweise in „Judenhäuser“, die zuletzt meist im Ostend lagen. Ab Oktober 1941 wurden jüdische Frauen, Männer und Kinder gewaltsam zur Großmarkthalle gebracht und von dort in die von den Nationalsozialisten errichteten Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Nur sehr wenige Menschen überlebten die Schoa.
Der Hochbunker an der Friedberger Anlage
Während des November-Pogroms 1938 steckten Nationalsozialisten auch die Synagoge an der Friedberger Anlage in Brand, seinerzeit die größte Synagoge Frankfurts. Erzwungen und unter Wert musste die Jüdische Gemeinde das Grundstück an der Friedberger Anlage veräußern. Die Stadtverwaltung ließ die Mauern abgetragen. Auf den Fundamenten errichtete sie 1942/43 den Hochbunker.
Das martialische Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg blieb erhalten und ist in seiner Umgebung bis heute ein Fremdkörper, ein "Merkzeichen für die Gewalt, das Leid und den Schrecken" wie es Salomon Korn, Architekt und Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde einmal bezeichnete
Die Ausstellung
Die Ausstellung im Hochbunker erinnert an das jüdische Alltagsleben im Frankfurter Ostend seit dem 19. Jahrhundert und dessen Vernichtung zwischen 1933 und 1945. Sie wurde im Jahr 2000 als Wechselausstellung für das Jüdische Museum konzipiert. 2004 beschlossen das Jüdische Museum und die „Initiative 9. November“, die Ausstellung dauerhaft im Erdgeschoss des Hochbunkers zu zeigen. 2016 wurde sie inhaltlich und gestalterisch überarbeitet.
Themen der Schau sind die Geschichte und die Einrichtungen der IRG, das Alltagsleben im Ostend, jüdische Wohlfahrtseinrichtungen und die gewerbliche Prägung des Viertels. Im Kapitel über die NS-Zeit stehen die November-Pogrome und die Massendeportationen von der Frankfurter Großmarkthalle ab Oktober 1941 im Zentrum. Nach der Befreiung nahm im Ostend jüdisches Leben einen vorsichtigen Anfang. Die letzte Abteilung widmet sich dem Stadtviertel als einem Ort der Erinnerung: mit der Gedenkstätte Neuer Börneplatz in der östlichen Innenstadt, mit der Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle, Stolpersteinen, Straßennamen und Hinweistafeln vor früheren jüdischen Einrichtungen.
Ein großformatiger Stadtplan mit den in der Ausstellung erwähnten Adressen dient der Orientierung.
Öffnungszeiten und Führungen
Die Ausstellung ist vom 28. April 2024 bis Ende November jeden Mittwoch von 17 bis 19 Uhr und sonntags von 11.00 bis 14.00 Uhr zugänglich. Ab dem 12. Mai findet jeden 2. Sonntag eine Führung durch die Ausstellung statt. Beginn jeweils 11.30 Uhr. Bitte denken Sie an warme Kleidung, da es im Bunker sehr kühl ist. Eintritt frei, Spende erwünscht.
Eine Kooperation mit der „Initiative 9. November e.V.“. E-Mail: initiative-9-november@gmx.de
Sind Sie an einer individuellen Gruppenführung auf Deutsch, Englisch oder Ivrit interessiert? Dann wenden Sie sich bitte an: besuch.jmf@stadt-frankfurt.de
Ausstellungsort:
Hochbunker an der Friedberger Anlage
Heute geschlossen
Eintritt frei, Spende erbeten
Friedberger Anlage 5/6, 60314 Frankfurt am Main