Mirjam Pressler war eine gute Freundin! Zu ihrem Todestag blickt Talitha Breidenstein, Volontärin und Co-Kuratorin der Ausstellung „Mirjam Pressler. Schreiben ist Glück“, zurück auf ihr Leben. Besonders lebendig ist Pressler in den Erinnerungen ihrer vielen Freunde – das ist es, was die Schriftstellerin weiterleben lässt.
Wer im letzten Jahr unsere Ausstellung „Schreiben ist Glück“ im Jüdischen Museum gesehen hat, dem ist sicherlich aufgefallen, dass die beliebte Kinderbuchautorin auf vielen der ausgestellten Fotos mit anderen Menschen zu sehen war. Sie war ein sehr geselliger Mensch, deren Verbindung zu anderen immer freundschaftlich und von Herzlichkeit geprägt war. Langjährige Freundschaften begleiteten ihre Schriftsteller- und Übersetzertätigkeiten. In unserer Recherche in Vorbereitung der Ausstellung stellte sich schnell eine Gemeinsamkeit in allen Gesprächen mit ihren Weggefährten, ihrem Lektor, ihrer Verlegerin, Bekannten und allen, die mit ihr in verschiedenen Schaffensverhältnissen verbunden waren, heraus: Freundschaft. Jede Person beschrieb ihre Beziehung zu Mirjam Pressler als von Nähe und Freundlichkeit geprägt. Arbeitsbeziehungen beinhalteten gemeinsames Geburtstagsfeiern, inhaltliche Gespräche zu Tages- und Nachtzeiten, Spontanbesuche und gemeinsame Recherchetrips.
Laut aktueller psychologischer Forschungsergebnisse sorgen gute Beziehungen und Freundschaften im Arbeitskontext für erhöhte Produktivität und effizienteres Arbeiten. Vielleicht ist dies, neben ihrer hohen Willens- und Arbeitskapazität, einer der Gründe, warum es Mirjam Pressler gelang, eine so große Zahl an Büchern zu schreiben und zu übersetzen.
Von Kolleg:innen zu Freund:innen

In jedem Fall gibt es uns einen Einblick darüber, wie ihre Bücher gelungen sind. So ließ sie zum Beispiel jedes ihrer Schriftwerke, wie auch Übersetzungen, von ihrem „persönlichen Lektor“ Korrektur lesen. Frank Griesheimer begleitete Mirjam Pressler ihr gesamtes Arbeitsleben. Ihr Verhältnis beschrieb er in seinen Worten zu ihrer Trauerfeier: „Wie unendlich dankbar ich bin, Mirjam begegnet zu sein. Das war vor nun 29, fast 30 Jahren. Ich bin dankbar für unsere einzigartige Zusammenarbeit, die immer unbelastet, geradezu schwerelos war. In den ersten Jahren, wenn sie mich jemandem vorstellte, nannte sie mich „mein persönlicher Lektor“. Da musste ich dann verlegen schmunzeln, aber es machte mich auch ziemlich stolz. Und ganz besonders dankbar bin ich dafür, dass aus der guten Zusammenarbeit gleich von Anfang eine Freundschaft wurde. Somit spreche ich jetzt hier ein bisschen als Mirjams „persönlicher Lektor“, aber vor allem als Freund.“
Auch Barbara Gelberg beschreibt den besonderen Arbeitsstil und das Vorgehen der Autorin. Mit ihrem Verlag verband sie mehr als nur der professionelle Austausch: „Wenn sie nicht am Schreibtisch saß (was meistens der Fall war, weil ein Großteil ihrer Schreibtischzeit ihrer Übersetzungstätigkeit galt) war sie also auf Lesereisen unterwegs. Das hatte manchmal die schöne Nebenwirkung, dass Mirjam Pressler gerne einen Schlenker über Weinheim machte, um bei „ihrem“ Verlag vorbeizuschauen – am liebsten unangekündigt. Das war ihr wichtig. Auch die Verleger, Familie Beltz Rübelmann, wurden ihr hier zu Freunden. Wenn man noch ein bisschen weiter zurückblickt, erinnert man sich, dass sie von Anfang an jedes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse am Beltz-Stand war. In den 80er Jahren nahm sie Messebestellungen auf, verkaufte Bücher. Sie schätze es, wenn ihre Lektor:innen in der Nähe waren (mit Frank Griesheimer als Lektor hat sie viele Bücher gemacht, unsere gemeinsamen Treffen zu dritt sind unvergesslich.), aber sie wollte auch die Kolleg:innen von Vertrieb und Presse kennen.“
Mirjam Pressler artikulierte selbst die Wichtigkeit von zwischenmenschlichen Beziehungen in ihrem privaten Leben: „Frauenfreundschaften haben in meinem Leben immer eine ganz große Rolle gespielt. Nach der Scheidung zum Beispiel bin ich zunächst mit einer Frau zusammengezogen. Sie hatte auch ein Kind, und wir haben unserer Kinder gemeinsam versorgt. So konnten wir beide Geld verdienen. Mit ihr zusammen bin ich dann in eine Wohngemeinschaft gezogen, und wir waren viele Jahre lang sehr eng befreundet. Dann reiste sie nach Indien, und ich habe schon seit über zwanzig Jahren nichts mehr von ihr gehört. Mit meiner besten Freundin, die auch gerade in Indien ist, aber nur zu Besuch, habe ich immer wieder schöne Gespräche nachts am Küchentisch. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht, waren auch schon gemeinsam im Urlaub. Doch, Frauenfreundschaften sind mir sehr wichtig.“

Wenn man unseren Blogbeitrag zu Mirjam Presslers Werk als Übersetzerin liest, erfährt man über das freundschaftliche Verhältnis, dass auch ihre Arbeitsweise zu den Autor:innen, deren Werke sie übersetze, prägte. Pressler übersetzte nur die Schriftsteller:innen, mit denen sie sich verstand und denen sie Sympathie entgegenbrachte. Dafür zeigte sie im Gegenzug besondere Hingabe und Treue in jedem Projekt. Jede Form von gemeinschaftlichem Arbeiten folgte eine soziale geprägte Beziehung, die die Grundlage für weitere Zusammenarbeit bildete.
Die Britannica Enyzklopädie definiert Freundschaft als ein Stadium von andauernder Zuneigung, Wertschätzung, Intimität und Vertrauen zwischen zwei Menschen. In allen Kulturen misst man Freundschaften eine hohe Bedeutung für das Leben einer Person zu. Im Erinnern und Rückblick auf das Leben von Mirjam Pressler stellen wir fest, dass das ihrige bunt und fröhlich war aufgrund der engen Freundschaften, die sie mit Menschen führte.
Die Ausstellung „Mirjam Pressler. Schreiben ist Glück“ wird im Frühjahr 2025 in Erfurt zu sehen sein.
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