Gemälde von Ludwig Meidner: Stillleben mit gerupftem Hahn, Lauch, Zwiebel und Knolle, 1955

Von Latkes bis Gefilte Fisch, von New York bis Mumbai

Kochrezepte und Kochbücher aus der jüdischen Welt
Porträt von Korbinian Böck
10. Januar 2025Korbinian Böck

In diesem Blogbeitrag versammeln wir Kochrezepte aus der ganzen Welt, die in unserer Vermittlungsarbeit eine Rolle spielen oder die Menschen aus unserem Team besonders gut geschmeckt haben. Lasst Euch inspirieren und hinterlasst uns Eure Lieblingsrezepte aus den jüdischen Küchen dieser Welt gerne in den Kommentaren unter diesem Beitrag.

Gibt es eigentlich 'die' jüdische Küche? Gemeinsamer Nenner jüdischer Rezepte und Kochtraditionen sind die jüdischen Speisegesetze. Darüber hinaus gibt es aber keine einheitliche jüdische Küche. Unterscheiden kann man dabei etwa zwischen einer aschkenasischen und einer sephardisch-orientalischen Küche. Erstere bezieht ihre Einflüsse aus Mittel-, Nord- und Osteuropa; letztere aus dem Mittelmeerraum und der Levante. Daneben gibt es eine eine Vielzahl jüdischer Rezepte aus aller Welt, die von der Küche der Länder beeinflusst sind, in denen Juden lebten und leben.

Als Einstieg in das Thema bieten sich die Websites und Kochbücher einiger sehr bekannter jüdischer Köcher an. Dazu gehören für uns:

  • Derzeit am bekanntesten ist vielleicht der israelisch-britische Koch Yotam Ottonlenghi. Von ihm gibt es eine ganze Reihe an Kochbüchern.
  • Die britische Kochbuchautorin Claudia Roden. 1968 erschien ihr erstes Kochbuch: A Book of Middle Eastern Food (Die Küche des Vorderen Orients). Seitdem sind viele hinzugekommen.
  • Vom Koch Tom Franz gibt es das schöne Kochbuch So schmeckt Israel: Meine Lieblingsrezepte aus der israelischen Küche, gewürzt mit einer Prise Heimat. Es führt wunderbar in den kulinarischen Schmelztiegel Israel ein.
  • Von der New Yorker Köchin und Expertin für die jüdische Küche Leah König gibt es das Standartwerk Das jüdische Kochbuch.
  • Der Starkoch Uri Buri, bekannt für Israelische Küche und kreative Fischrezepte, erzählt in seinem Koch- und Reportagebuch über die israelische und somit seine Küche, was seine Liebe zum Essen und zum Leben ausmacht: Uri Buri - meine Küche

In der wunderschönen Bibliothek im Jüdischen Museum findet eine ganze Abteilung mit jüdischen Kochbüchern aus aller Welt. Kommt vorbei und werft mal einen Blick hinwein.

Kochbücher in der Bibliothek des Jüdischen Museums

1. Traditionelle jüdische Rezepte mit regionaler Prägung

Gefülltes Gemüse aus der indisch-jüdischen Küche

Mahasha, gefülltes Gemüse aus der indisch-jüdischen Küche
Mahasha, gefülltes Gemüse aus der indisch-jüdischen Küche. Foto: Elli Benaiah

Dieses Rezept aus der indisch-jüdischen Küche haben wir von Elli Benaiah, einem in München lebenden Nachfahren der indisch-jüdischen Baghdadi-Gemeinde. Er arbeitet derzeit an einem Kochbuch mit dem Titel 'From Basra to Bengal - A Jewish Culinary Journey Through India', für das er einen Verlag und Unterstützung via Gofundme sucht. Die Baghdadi-Juden sind vor etwa 250 Jahren aus Irak, Iran, Afghanistan sowie arabischen Ländern nach Indien gekommen.

Gefülltes Gemüse ist ein Eckpfeiler der Küche des Nahen Ostens. In der jüdischen Küche des Irak ist dieses Gericht als Mhasha bekannt und umfasst eine Vielzahl von gefüllten Gemüsesorten, darunter Weinblätter und Zucchini. Die Baghdadi-Version, genannt Mahasha, hebt sich jedoch durch ihre Feinheit und Eleganz ab. Typischerweise werden hierbei nur Tomaten und Zwiebeln verwendet, die sorgfältig zubereitet und kopfüber gekocht werden, um ein optisch ansprechendes und geschmacklich außergewöhnliches Gericht zu schaffen.

Traditionelles Mahasha-Rezept (4-6 Portionen):

Gemüse:

  • 4 mittelgroße Tomaten (Deckel abgeschnitten, das Innere ausgehöhlt)
  • 5 Zwiebelschichten (von 2 großen Zwiebeln, vorgekocht und in Schichten getrennt)

Füllung:

  • 200 g Basmatireis, vorgekocht oder 20 Minuten eingeweicht
  • 150 g Hackfleisch oder Hühnchen (vegetarische Option: Fleisch einfach weglassen)
  • 1 TL frischer Ingwer, gerieben
  • 1 TL frischer Knoblauch, gerieben
  • 2 EL frische Minze oder Sellerieblätter, fein gehackt
  • ½ TL Kurkuma
  • 1 TL Salz
  • Pfeffer nach Geschmack
  • 1 EL Olivenöl

Zubereitung:

1. Gemüse vorbereiten:

  • Tomaten aushöhlen und das Innere für eine andere Verwendung aufbewahren. Zwiebeln vorkochen, eine Seite aufschneiden und die Schichten vorsichtig trennen.

2. Füllung herstellen:

  • Reis, Fleisch (falls verwendet), Ingwer, Knoblauch, Minze, Kurkuma, Salz, Pfeffer und Olivenöl in einer Schüssel vermischen.

3. Gemüse füllen:

  • Tomaten und Zwiebelschichten zu drei Vierteln mit der Füllung füllen, damit der Reis beim Kochen aufgehen kann.

4. Mahasha kochen:

  • In einer Pfanne 2 cm Pflanzenöl mit 1 TL Kurkuma und 1 EL Zucker erhitzen. Vorsichtig braten und rühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Gefülltes Gemüse eng anordnen, Tomaten kopfüber platzieren. Abdecken und bei niedriger Hitze köcheln lassen, bis das Gemüse weich ist. Mit Salz bestreuen und Zitronensaft darüber träufeln, abdecken und weitere 20 Minuten köcheln lassen, bis der Reis durch und das Gemüse zart ist.

Mahasha, sagt Elli Benaiah, ist mehr als ein Gericht – es ist eine Geschichte von Migration, Anpassung und einer lebendigen kulinarischen Tradition, die Generationen verbindet. Falls Ihr Elli Benaiah folgen wollt, findet Ihr ihn auf Instagram unter @numnum_dellicious.

Wir wünschen gutes Gelingen und guten Appetit. Solltet Ihr das Rezept nachkochen, freuen wir uns über Fotos Eurer Ergebnisse.

Crostata di Ricotta e Visciole: Eine Tarte aus der jüdisch-römischen Küche

In der jüdischen Tradition gibt es viele beliebte Rezepte zum Lichterfest, die wie Latkes und Sufganiyot in Öl ausgebacken werden, in Erinnerung an das Lichtwunder im Tempel. Heute wollen wir euch ein traditionelles Rezept aus der jüdisch-römischen Küche vorstellen, das zwar ohne Öl und frittieren auskommt, aber deshalb nicht weniger köstlich ist: Die Crostata di Ricotta e Visciole (Tarte mit Ricotta und Sauerkirschen).

Die Legende besagt, dass dieser Kuchen entstanden ist, weil ein päpstliches Dekret es den römischen Juden verbot, Milchprodukte zu verkaufen. Um die Verwendung der Ricotta zu verstecken, hat man den Kuchen entweder ganz oder mit eng geflochtenen Gittern aus Teig bedeckt. Das Rezept stammt aus dem Buch "Cooking alla Giudia. A celebration of the Jewish Food of Italy" von Benedetta Jasmine Guetta. Dieses und weitere tolle jüdische Rezepte aus aller Welt zu Chanukka und jeder anderen Gelegenheit findet ihr in der Kochbuchecke unserer wunderschönen Bibliothek. Come by and get inspired!

Nun zum Rezept:

Zunächst vermengt man 250g Mehl, 100g Zucker, 9 TL Butter und die geriebene Schale einer halben Zitrone zu einer bröseligen Masse. Anschließend arbeitet man händisch ein Ei und ein Eigelb ein bis man eine geschmeidige Kugel formen kann. Den Teig 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen. Für die Füllung verarbeitet man 500g Schafsmilch Ricotta, 100g Puderzucker, 40g Zucker und zwei Eier mit dem Handmixer zu einer glatten Masse. Danach in den Kühlschrank stellen. Den Teig in zwei Stücke zu 1/3 und 2/3 teilen. Das größere Stück auf einer bemehlten Arbeitsfläche auf 3mm Dicke ausrollen und in eine runde Kuchenform drücken. Danach die 250g Sauerkirschmarmelade auf dem Teig verteilen und anschließend mit der Ricottacreme abdecken. Das kleinere Teigstück auf einer bemehlten Arbeitsfläche auf 3mm Dicke ausrollen und dann in 1cm breite Streifen schneiden. Die Streifen nun auf die Kuchenoberfläche in einem engen Gittermuster legen und an den Rändern mit dem Kuchen zusammendrücken. Danach bei 180° für 30 Min. backen bis der Kuchen goldbraun ist. Anschließend auskühlen lassen. Buon appetito!

Gefüllte Kohlrabi

Rezept für gefüllte Kohlrabi aus dem 'Vilna Vegetarian Cookbook'.
Rezept für gefüllte Kohlrabi aus dem 'Vilna Vegetarian Cookbook'.

Für eine Verbesserung des Rufs des nicht immer heiß geliebten Gemüsekohls zeigen wir mit Euch dieses Rezept für vegetarische gefüllte Kohlrabi. Das Rezept stammt aus dem ersten jüdisch-vegetarischen Kochbuch. Ursprünglich wurde es 1938 in Vilna auf Jiddisch herausgegeben und von Fania Lewando geschrieben, die zusammen mit ihrem Mann das vegetarisch-koschere Restaurant Elaine’s betrieb. Der Titel des Buchs lautete "Vegetarish-Dietsher Kokhbukh: 400 Shpeizn Gemakht Oysshlislekh fun Grinsn".

Es enthält neben klassischen vegetarischen Speisen der osteuropäisch-jüdischen Küche eine Reihe von Innovationen und Eigenkreationen der Autorin. 2015 erschien eine Neuauflage auf Englisch unter dem Titel "The Vilna Vegetarian Cookbook: Garden-Fresh Recipes Rediscovered and Adapted for Today's Kitchen". 

Kochbuch 'Der Schmelztiegel'

Buchcover und einzelne Seite aus dem Koch0buch 'Der Schmelztiegel'

„Das Kochbuch 'Der Schmelztiegel' ist eine tolle Zusammenstellung einer Kollektion von Rezepten, die die unglaubliche Bandbreite der internationalen Küche vor Augen führt. Die Vielzahl an kunterbunten und exotischen Gerichten, besonders geeignet für Hobbyköchinnen- und Köche, ermöglicht eine geschmacksintensive Reise, bei der alle in der israelischen Küche repräsentierten Nationen im Schmelztiegel miteinander verschmelzen.“

Rana Rakha, die sich 2023/24 im Rahmen des Freiwilligendienstes Kultur und Bildung im Jüdischen Museum engagierte, empfiehlt auf unserem Blog das Kochbuch „Der Schmelztiegel“ von Tami Lehman-Wilzig und Miriam Blum. Zum Beitrag

Kochbuch "The 100 Most Jewish Foods"

Buchcover zu The 100 Most Jewish Foods. A Highly Debatable List
Eine Zusammenstellung der kulturell und historisch bedeutendsten Speisen jüdischer Esskultur bietet das Buch "The 100 Most Jewish Foods".

2019 erschien das Buch „The 100 Most Jewish Foods. A Highly Debatable List“, die gebundene Fassung einer Liste der 100 ‚jüdischsten‘ Lebensmittel des Tablet Magazine.

Das Kochbuch zählt nicht die unbedingt beliebtesten oder schmackhaftesten Rezepte auf. Es ist vielmehr eine Zusammenstellung der kulturell und historisch bedeutendsten Speisen jüdischer Esskultur. Von Bagels über Haminados bis hin zu Shakshuka präsentiert das Tablet Magazin Rezepte aus der ganzen Welt. Sie repräsentieren die Vielfältigkeit jüdischer Kulturen und verdeutlichen, wie Essen als gemeinsame Tradition und Kultur Jüdinnen und Juden in der Diaspora miteinander verbindet. Gleichzeitig versucht das Kochbuch – wie im Titel schon angedeutet – auf witzige Art und Weise zum Debattieren einzuladen, auch über die Essbarkeit so mancher Gerichte.

„The 100 Most Jewish Foods“ begleitet jedes Rezept mit historischen Einordnungen, persönlichen Geschichten oder humoristischen Aufsätzen zu den jeweiligen Gerichten. So gibt es zu ‘Leftovers’, dem vielleicht jüdischsten aller Essen, einen Aufsatz mit einem schönen Zitat von Calvin Trillin: „The most remarkable thing about my mother is that for 30 years she served the family nothing but leftovers. The original meal has never been found.”

Das Kochbuch gibt es in abgespeckter Form auch online: https://100jewishfoods.tabletmag.com/

Interview mit Nir Rosenfeld

Links: Nir Rosenfeld, Betreiber des koscher-veganen Life Deli im Jüdischen Museum; rechts: Auswahl an Speisen aus dem Life Deli im Jüdischen Museum Frankfurt
Links: Nir Rosenfeld, Betreiber des koscher-veganen Life Deli im Jüdischen Museum; rechts: Auswahl an Speisen aus dem Life Deli

Das Life Deli im Jüdischen Museum ist koscher - und vegan! Manch eine:r wird sich vielleicht fragen: schmeckt das? Und ist die Kaschrut, also die jüdischen Speisegesetze, mit einer veganen Ernährung vereinbar? Darüber sprachen wir mit dem Betreiber des Life Deli, dem Frankfurter Gastronom Nir Rosenfeld. Zum Interview

Wer gerne selbst koscher und vegan kochen und essen möchte, findet im Interview auch einige Tipps und Hinweise auf entsprechende Rezepte.

2. Historische jüdische Kochbücher und Rezepte

Historisches jüdisches Kochbuch aus Frankfurt

Ausführliches Kochbuch für die einfache und feine jüdische Küche : unter Berücksichtigung aller rituellen Vorschriften in 3759 Rezepten / verf. von Marie Elsasser
Ausführliches Kochbuch für die einfache und feine jüdische Küche unter Berücksichtigung aller rituellen Vorschriften in 3759 Rezepten, verfasst von Marie Elsasser

Eines der bekanntesten Frankfurter jüdischen Kochbücher aus der Zeit um 1900 ist das „Kochbuch für die einfache und feine jüdische Küche“ von Marie Elsasser. Unter Berücksichtigung aller rituellen Vorschriften griff sie den Kochenden Anfang des 20. Jahrhunderts mit nicht weniger als 3.759 Rezepten unter die Arme – und traf mit Ihrer cleveren Mischung regionaler Familienrezepte aus der Pfalz, Hessen, dem Rheinland und Süddeutschland und besonderer Empfehlungen aus England, Frankreich, Portugal und Russland genau den Nerv der Zeit.

Besonders unterhaltsam und aktuell: ihr Loblieb auf die neuen Erzeugnisse aus Chemie und Handel. So schwärmt die Autorin nicht nur erleichtert über die große Vielzahl an koscheren Käsesorten, sondern lobt auch das neutrale Kokosöl und die „rituell vollkommen zulässige Pflanzenart Agar Agar, mit welcher man kalte gestürzte Puddinge vortrefflich zubereiten kann.“ Marie Elsasser war Ihrer Zeit damals ganz offenbar voraus. 

Das Kochbuch von Marie Elsaesser findet Ihr komplett digitalisiert auf der Website der Judaica-Sammlung der Universitätsbibliothek Frankfurt.

Soufflé Rothschild

Das Soufflé gilt als 'die Königin' aller Desserts. Erfunden wurde es von Cuisine-Legende Antoine Carème um 1820. Eine mit Früchten und Goldwasser versetzte Soufflè-Variante benannte der berühmte Koch nach seinem schillernden Arbeitgeber James Mayer de Rothschild, Spross der berühmten Bankiersdynastie mit Wurzeln in Frankfurt. Vermutlich nur etwas für fortgeschrittene Köchinnen und Köche...

Soufflé Rothschild © PhotoCuisine / Nicoloso, Loic

Hühnersuppe "Goldene Joich"

Foto einer Hühnersuppe
Goldene Joich nach dem Rezept von Achim Chajim Hecht. Foto: jewilicious.de

Kennt Ihr die Goldene Joich? Dabei handelt es sich um eine leckere Hühnersuppe, die zu den Klassikern der jüdischen Küche gehört. Ihre schöne Farbe verdankt sie dem beigefügten Safran. Wegen der heilsamen Wirkung, die ihr nachgesagt wird, ist sie auch als „jüdisches Penizillin“ bekannt. Die vor Kraft und Wohlgeschmack strotzende, überaus gehaltvolle Suppe, wird geradezu mythisch verehrt und speziell bei ­Erkältungen und grippalen Infekten als Arznei verabreicht. Natürlich wird Goldene Joich überall auf der Welt ein wenig anders gekocht. Dieses Rezept auf der Website jewilicious.de haben wir für Euch getestet und für sehr lecker befunden. Eine VAriante mit Matzeknödeln findet Ihr hier.

Der „Nationalfisch von Jiddischland": Hering

Foto von Hering und belegten Broten
Er gilt als „Nationalfisch von Jiddischland": der Hering. Hier ein Rezept für gehackten Hering mit Äpfeln

Hering wird bei Aschkenasen am liebsten immer und überall gegessen. Und was wäre ein Kiddusch in der Synagoge ohne Hering? Der kleine Fisch hat eine lange und gut dokumentierte Geschichte. Wie aber kam es zu der engen Verbindung zwischen dem Hering und der jüdischen Küche?

Dem Autor Donald S. Murray, Verfasser der „Herring Tales: How the Silver Darlings Shaped Human Taste and History“ zufolge, salzten die Niederländer im 15. Jahrhundert erstmals frischen Fisch, um ihn für die lange Reise von der Nordsee zu Häfen und Städten in ganz Europa zu erhalten. Juden, die den vorgesalzenen Fisch in Fässern erhielten, wurden zu bedeutenden Heringshändlern. "Sie importierten und transportierten den Hering auf der Schiene nach Deutschland, Polen und Russland und verkauften ihn in Geschäften und von Schubkarren", so die jüdische Kochbuchautorin Claudia Roden. Und auch die österreichisch-jüdische Ernährung kennt bereits im 15. Jahrhundert neben Milch, Butter, Schwarzbrot, Eiern, Käse, Suppe, Gemüse, Sauerkraut und Reis eben auch besagten Hering, glaubt man dem Nahrungsmittel-Historiker John Cooper.

Michael Wex, Autor von „Rhapsody in Schmaltz: Yiddish Food and Why We Can’t Stop Eating It“, erklärt den Hering gar zum „Nationalfisch von Jiddischland". Die Allgegenwärtigkeit des Herings auf den Tischen armer Juden in ganz Europa habe dem Fisch den Status eines besonderen sozioökonomischen Markers verliehen. Ein jiddisches Sprichwort lautet: "B'makom she'eyn ish, iz hering oykh a fish" (Wo es keinen würdigen Mann gibt, ist sogar ein Hering ein Fisch). Soll heißen, dass, wenn das Beste nicht verfügbar ist, ein minderwertiger Ersatz ausreicht. Der Hering, der als Lebensmittel armer Menschen galt, ist kaum "würdig". Aber wenn das Ideal nicht vorhanden ist, begnügen wir uns mit dem, was wir bekommen können.

Heringsrezepte gibt es viele: marinierter Hering, gehackter Hering, Heringsplätzchen, gebackener Hering, Hering in Sauerrahm und Hering in Weinsauce! Besonders gut finden wir gehackten Hering mit Äpfeln:

Was Ihr dazu braucht:

  • 2 Schmalz-Heringe
  • 2 Scheiben Pumpernickel –Brot
  • 60 ml frischen Zitronensaft
  • 30 ml kaltes Wasser
  • 1 mittelgroße rote Zwiebel, geschält
  • 2 säuerliche grüne Äpfel, geschält, entkernt und gehackt
  • 2 hart gekochte Eier
  • 1 Esslöffel Zucker
  • 60ml Maiskeimöl
  • schwarzer Pfeffer nach Belieben

Zubereitung:

Heringe in kaltem Wasser für mindestens 48 Stunden einweichen, das Wasser sollte alle paar Stunden gewechselt werden. Dadurch wird das Salz entfernt, das zur Konservierung des Herings verwendet wird. Danach den Hering waschen, trocknen und filetieren. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr die Haut der Fische entfernen, bevor Ihr mit dem nächsten Schritt fortfahrt. Die Zwiebel reiben. Die restlichen Zutaten zerkleinern und alles zusammenmischen. Achtet darauf, dass die Mischung zerkleinert und nicht püriert wird. Gehackter Hering sollte, wie gehackte Leber, eine eher grobe Textur haben.

Mindestens 3 Stunden vor dem Servieren kühl stellen. Gehackter Hering bleibt mindestens eine Woche lang im Kühlschrank haltbar. Jede Portion gehackten Herings mit dünn geschnittenen, ungeschälten, säuerlichen, grünen Apfelscheiben garnieren und mit Pumpernickelbrot servieren.

3. Rezepte zu jüdischen Feiertagen

Challa selbst backen

Challa mit Sesam
Challa mit Sesam

Essen und Trinken sind fester Bestandteil der jüdischen Zeremonialkultur. Challa, das weiche Hefegebäck, das für Schabbat und die Feiertage zubereitet wird, ist ein Teil davon. Hinter dem Namen verbirgt sich eine Tradition aus Zeiten des Jerusalemer Tempels.

Der Begriff Challa gründet auf der Hafraschat Challa, der Verpflichtung im 4. Buch Mose 15, 17–21, einen Teil des Brotteigs den Priestern des Jerusalemer Tempels als Gabe zu geben. Nach der Zerstörung des zweiten Tempels stellte sich die Frage, wie weiterhin mit dieser Verpflichtung umzugehen sei. An der Tradition der Abgabe des Brotteigs wurde festgehalten: So wird noch heute ein Teil des Teigs symbolisch abgetrennt. Dieser Teil wird jedoch nicht mehr abgegeben, sondern in Erinnerung an den Tempel verbrannt.

Jüdinnen und Juden entwickelten im Laufe der Zeit an verschiedenen Orten vielfältige Zubereitungsarten und Rezepte. Die im europäischen Raum gebackenen Challot, so der Plural, werden oft zu Zöpfen geflochten und mit Mohn bestreut. In den orientalischen Ländern sind andere Formen und Toppings zu finden. Am Schabbat werden zwei Challot aufgetischt in Erinnerung an die Wüstenwanderung der Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten, als freitags eine doppelte Portion Manna vom Himmel fiel.

Ein Rezept für köstliche Challa ist Teil unseres digitalen Angebots Museum To Go, mit dem Ihr Inhalte aus der Dauerauusstellung im Jüdischen Museum mit nachhause nehmen könnt. Das Rezept für Challa findet Ihr hier.

Hamantaschen zum Purim-Fest

Zu Purim werden traditionell Haman-Taschen gebacken. Warum die so heißen und weshalb sie ihre charakteristische Form haben, erfahrt Ihr in einem Blogbeitrag unserer früheren Volontärin Annika Friedman. Am Ende findet Ihr zudem ein traditionelles Rezept für das leckere Purim-Gebäck.

Foto von Hamantaschen

(Veganer) Käsekuchen zu Schawuot

Foto eines veganen Käsekuchens
Leckerer veganer Käsekuchen

Schawuot ist das jüdische Fest, bei dem der Empfang der Tora und der Zehn Gebote am Berg Sinai gefeiert wird. Gefeiert wird es immer sieben Wochen nach Pessach – deshalb auch der Name Schawuot, das Fest der Wochen. Zur Zeit der beiden Tempel wurde Schawuot genau wie an Pessach und Sukkot mit einer Pilgerfahrt nach Jerusalem und Opfern im Tempel begangen. Mit der Zeit entwickelte sich der Feiertag aber weiter. Aus dem ursprünglichen Erntedankfest wurde ein Fest zur Erinnerung an die Offenbarung am Sinai, in dessen Zentrum die Tora stand.

Beide Bedeutungen prägen bis heute die Bräuche rund um Schawuot: Von Lernnächten, an denen man zusammenkommt, um gemeinsam die Tora zu studieren, über Erntedankfeste in israelischen Kibbuzim bis hin zu kulinarischen Besonderheiten wie dem reichlichen Verzehr von Milchspeisen. Am bekanntesten ist die Tradition, an Schawuot jede Menge Käsekuchen zu essen. Aber was hat der Käsekuchen mit der Tora zu tun?

Um ehrlich zu sein, ist man sich über die Hintergründe dieses Brauchs bis heute nicht ganz einig. Die Mehrheit beruft sich auf eine Passage des Hohelieds (4,11) in der es heißt: „Honig und Milch sind unter deiner Zunge!“ Milch und Honig werden hier mit der Tora und ihrem Studium gleichgesetzt. Mit dem Käsekuchen auf – oder eben unter – der Zunge erinnert man sich so an das Geschenk der Tora und der Zehn Gebote am Berg Sinai.

Und was machen Veganer an Schawuot? Da es Cheesecakes in allen Varianten gibt, haben wir für Euch das beste aus zwei koscheren Rezepten für einen veganen Cheesecake mit Avocado ausgesucht. 

Für die Shortbread-Kruste:

  • 2 Tassen Mehl
  • ½ Tasse Zucker
  • ½ Teelöffel Backpulver
  • 1 Prise Salz
  • ½ Tasse Kokosöl
  • 2 Teelöffel frischer Limonensaft und 1 Teelöffel Limonenzeste

Für die Avocado-Creamcheese-Füllung:

  • 500 g Avocadofruchtfleisch
  • 120 ml Limettensaft
  • 120 ml Agavendicksaft
  • 90 g Kokosöl

Heize den Ofen auf 200 Grad vor. Vermische Mehl, Zucker, Backpulver und Salz in einer Schüssel, bis alles vermengt ist. Füge kaltes Kokosöl, den Saft und die Schale hinzu und mische bis eine Kugel entsteht. Drücke den Teig in den Springformboden und an die Springformseiten. Mit einer Gabel den Teig einstechen und 10 Minuten backen. Senke die Hitze auf 180 Grad und backe 7–10 Minuten länger, bis der Teig leicht golden ist.

Während der Zubereitung der Füllung den Teig auskühlen lassen.

Dafür die Zutaten in einem Mixer zu einer glatten Creme verarbeiten und sie auf dem Boden glatt streichen. Nach 3 Stunden Kühlzeit endlich essen.

Gefilte Fisch: ein Klassiker zu Schabbat, Pessach & Rosh Hashana

Zwei Fotos von Gefilte Fisch
Gefilte Fisch kann wortwörtlich als gefüllter Fisch, aber auch in Form von Fischbällchen daherkommen.

Gefilte Fisch: Geliebt und gehasst, kulinarisches Vergnügen oder Albtraum, den man doch lieben lernen kann? 

Wenn nicht schon zu Schabbat, so findet sich der Gefilte mindestens zweimal im Jahr zu Pessach und Rosch haSchana in verschiedenster Form auf den Tischen jüdischer Haushalte wieder. Wenn man sich nicht unbedingt als Vegetarier ausgibt, kommt man kaum um ihn herum. Man könnte auch sagen, er ist des Pescetariers (des Vegetariers, der Fisch isst) Hackbraten. 

Gemacht wird er aus gehacktem Fisch wie z.B. Karpfen, Zwiebeln, Stärke und Eiern. Geboren wurde er in Ost- und Mitteleuropa aus religiöser Verpflichtung, Armut und Einfallsreichtum. Vorsichtig wird der Fisch enthäutet, das Fleisch mit preiswerten Zutaten wie Zwiebeln, Eiern und Brot gemischt und der Fisch wieder mit dieser Masse gefüllt (bzw. richtiger: gefilt, jiddisch für gefüllt). Bald wurde die Mischung nicht mehr als Füllung verwandt, sondern gleich zu Kugeln geformt, gedämpft oder gekocht. 

In Russland, Deutschland, Polen, Frankreich und Litauen entwickelten sich verschiedene lokale Geschmacksrichtungen: Polen wurde für seine süßen Zuckerkugeln berühmt, während die Litauer ihren Gefilten mit Pfeffer und Meerrettich bevorzugten. Überleben konnte der Gefilte Fisch dank der USA, wo er durch geschickte Abfülltechnologie, innovative Werbung und dem Wunsch der Amerikaner, den Glauben durch den Gaumen zu erfahren, ab den 1950er Jahren im Glas oder der Dose landete. So wurde er auch für all jene verfügbar, die weder einen Karpfen in der Badewanne schwimmen haben noch aufwendig kochen wollten. In den USA hat der Gefilte längst ikonischen Status erlangt und ist mindestens so wichtig wie die berühmte Hühnersuppe.

Einen Rezeptvorschlag des Münchner Gastronomen Ben Malenboym findet Ihr auf dem Blog des Jüdischen Museums München

Schlagwortsammlung

Kommentare

Tolle seite und schoene rezepte

25.01.2025 • Ursula May

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