Die Installation REDEN BEWEGEN wurde von dem Künstlerkollektiv YRD.Works konzipiert und realisiert. Sie besteht aus mehreren Klang- und Sitzkörpern, die Passagen aus ausgewählten Reden in einer Gesprächsanordnung erfahrbar machen. Postkarten mit Fotos und Dokumenten sowie eine eigene Website ergänzen das Soundarrangement und regen zu weiteren Auseinandersetzungen an. Die ausgewählten Reden aus der Paulskirche und die sie begleitenden Postkarten geben dabei vier Aspekte der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur wider: den gesellschaftlichen Wiederaufbau aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs, die Vergegenwärtigung von Auschwitz als Zivilisationsbruch, die nationalkonservativen Umdeutungsversuche der deutschen Geschichte sowie die fortschreitende Pluralisierung der Erinnerungskultur.
Erinnerungskultur in der Paulskirche
Als historischer Versammlungsort der Nationalversammlung von 1848 besitzt die Paulskirche bis heute eine besondere Symbolkraft. Mit dem Wiederaufbau 1948 wird sie zudem zu einem zentralen und repräsentativen Ort für Gedenkveranstaltungen, Versammlungen und Preisverleihungen der im Entstehen begriffene Bundesrepublik Deutschland. Die hier gehaltenen Reden ebenso wie die im Sockelgeschoss gezeigten Ausstellungen stoßen stets auf viel Resonanz in der Öffentlichkeit und prägen politische und intellektuelle Diskurse.
Im Zentrum der Diskurse, die von Reden und Ausstellungen in der Paulskirche ausgehen, steht das demokratische Selbstverständnis der Bundrepublik Deutschland. Dabei spielt sowohl die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus, wie auch die Frage des gesellschaftlichen und politischen Neuanfangs und der Umgang mit der Schuldfrage eine bedeutende Rolle. Bereits die Wiedereinweihung der Paulskirche im Jahr 1948 wird von einem Streit über den symbolischen Stellenwert des Wiederaufbaus begleitet. In den kommenden Jahren folgen unzählige Veranstaltungen und Feierlichkeiten, die von einer großen Vielfalt an Themen und Initiativen zeugen, aber auch von dem politischen Willen geprägt sind, den historischen Ort mit gewichtigen Themen zu besetzten. Die einen beschwören in Reden den gesellschaftlichen Frieden nach dem Zweiten Weltkrieg, die anderen rücken die Frage nach einer angemessenen Erinnerung und Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in den Vordergrund.
In den Reden, die in der Paulskirche gehalten, zeichnen sich mehrere Konfliktlinien ab: sie verlaufen nicht nur zwischen antifaschistischen, sozialdemokratischen und christlichen Positionen, sondern auch zwischen globalen und internationalistischen Perspektiven versus neuen, stärker an einem nationalen Selbstverständnis interessierten Akteuren. Während die einen moralische Anhaltspunkte für den Aufbau einer neuen Gesellschaft im Zeichen des Friedens suchen, betonen die anderen die Notwendigkeit, das kulturelle Selbstverständnis der deutschen Gesellschaft zu überdenken sowie an demokratische Traditionen der Vergangenheit anzuknüpfen. Wieder andere stellten das Bemühen in den Vordergrund, die Auswirkungen des Nationalsozialismus zu begreifen, das Leid und die Vernichtung zum Ausgangspunkt des Nachdenkens über die Gesellschaft zu machen. Mit diesen divergierenden Perspektiven und den mit ihnen verbundenen Auseinandersetzungen wird die Paulskirche zu einem Ort kritischer Intellektualität sowie politischer und historischer Aufklärung – und zugleich auch immer wieder ein Ort nationalkonservativer und geschichtsrevisionistischer Umdeutungsversuche.
Die Installation Reden bewegen
Die Gesprächsinstallation „Reden bewegen“ besteht aus mobilen Klangkörpern, die zum Sitzen und Verweilen einladen, sowie einer zentralen Bühne. Sie macht 13 ausgewählten Reden aus der Paulskirche als Gesprächsarrangement erfahrbar und lädt dazu ein, dieses mit einer eigenen Rede zu ergänzen. Die Installation fordert zur Auseinandersetzung mit dem Stellenwert der öffentlichen Rede auf. Sie geht auf einen Impuls zurück, den die Paulskirche selbst setzt, und macht erfahrbar, dass demokratische Gesellschaften von der öffentlichen Auseinandersetzung, der Möglichkeit der Gegen- und Widerrede selbst getragen sind.
Die Gesprächsinstallation „Reden bewegen“ wird während der Jubiläumswoche erstmals auf dem Bertha-Pappenheim-Platz zu erleben sein. Im Juni macht sie auf dem Paulsplatz, dem Campus Bockenheim sowie erneut vor dem Jüdischen Museum Station.
Vernissage
Die Vernissage findet statt am Mittwoch, 17. Mai um 18 Uhr auf dem Bertha-Pappenheim-Platz. Weitere Informationen zur Gesprächsinstallation unter: www.reden-bewegen.de
Programm:
- ab 18 Uhr: Eröffnung
Begrüßung von Prof. Mirjam Wenzel, Grußwort von Marc Grünbaum, (Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde Frankfurt), Einführung von Dr. Felix Trautman (Philosoph am Institut für Sozialforschung), Artist Talk mit dem Künstlerkollektiv YRD.Works, Moderation: Sara Soussan (Kuratorin am Jüdischen Museum) - 19 Uhr: Der Wiederaufbau der Paulskirche und die diskursbildende Rolle von Schriftstellern
Podiumsgespräch mit Prof. Stephan Trüby (Architekturtheoretiker, Universität Stuttgart), Philipp Sturm (Kurator und Autor) und Prof. Susanne Komfort-Hein (Literaturwissenschaftlerin, Goethe-Universität), Moderation: Dr. Felix Trautmann (Philosoph, Instit für Sozialforschung) - Anschließend Ausklang mit Snacks & Drinks vom Life Deli.
Programm
Zur Gesprächsinstallation ist eine Reihe von Gesprächs- und Vortragsveranstaltungen geplant. Diese entnehmen Sie diesem Programmflyer (PDF).
Workshops für Schulklassen und außerschulische Bildungseinrichtungen
Die Gesprächsinstallation macht Reden erfahrbar, die in der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur von besonderer Bedeutung sind. Der Grundlagenworkshop für Schulklassen ab Klassenstufe 9 führt in die Themen der verschiedenen Reden ein. Er vermittelt neue Zugänge zur Entwicklung der bundesrepublikanischen Demokratie und regt Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer dazu an, über Veränderungen in der Erinnerungskultur nachzudenken.
Der Workshop kann kostenfrei per E-Mail gebucht werden an: jonathan.guenther@stadt-frankfurt.de
Weitere Infos und die Termine entnehmen Sie diesem PDF-Flyer.
Ausstellungsorte
An folgenden Orten wird die Ausstellung zu sehen sein:
- 17. bis 21. Mai 2023: Jüdisches Museum, Bertha-Pappenheim-Platz 1, auf dem Vorplatz
- 08. bis 11. Juni 2023: Paulsplatz Frankfurt
- 15. bis 18. Juni 2023: Offenes Haus der Kulturen – Campus Bockenheim
- 19. bis 25. Juni 2023: Jüdisches Museum, Bertha-Pappenheim-Platz 1, auf dem Vorplatz
Ausstellungsort:
Jüdisches Museum Frankfurt
Heute geöffnet: 10:00 – 18:00
- Museumsticket (Dauerausstellung Jüdisches Museum+Museum Judengasse) regulär/ermäßigt12€ / 6€
- Kombiticket (Wechselausstellung + Museumsticket) regulär/ermäßigt14€ / 7€
- Wechselausstellung regulär/ermäßigt10€ / 5 €
- Familienkarte20€
- Frankfurt Pass/Kulturpass1€
- Am letzten Samstag des MonatsFrei
(ausgenommen Teilnehmer gebuchter Führungen)
- Eintritt nur Gebäude (Life Deli/Museumshop/Bibliothek)Frei
Freien Eintritt genießen:
Mitglieder des Fördervereins
Geburtstagskinder jeden Alters
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre
Studenten der Goethe-Uni / FH / HfMDK
Auszubildende aus Frankfurt
Geflüchtete
Inhaber von Museumsufer-Card oder Museumsufer-Ticket
Inhaber der hessischen Ehrenamts-Card
Mitglieder von ICOM oder Museumsbund
Ermäßigung genießen:
Studenten / Auszubildende (ab 18 Jahren)
Menschen mit Behinderung ab 50 % GdB (1 Begleitperson frei)
Wehr- oder Zivildienstleistende / Arbeitslose
Inhaber der Frankfurt Card
Bertha-Pappenheim-Platz 1, 60311 Frankfurt am Main